Die Ablaufwerte sind wichtige Parameter, die die Qualität des behandelten Abwassers beschreiben, das eine Wasser- oder Abwasserbehandlungsanlage verlässt und in natürliche Gewässer oder die Kanalisation eingeleitet wird. Diese Werte legen fest, welche Grenzwerte an Schadstoffen und Verunreinigungen nach der Behandlung im Abwasser noch enthalten sein dürfen, um die gesetzlichen Vorgaben und Umweltauflagen zu erfüllen. Sie sind sowohl in der industriellen Wasseraufbereitung als auch in der Abwasserbehandlung entscheidend, um sicherzustellen, dass die Umwelt nicht durch schädliche Stoffe belastet wird.

Technische Hintergründe

In industriellen Abwasserbehandlungsanlagen durchläuft das Abwasser mehrere Reinigungsstufen, um organische und anorganische Schadstoffe, gelöste Stoffe, Schwebstoffe, Nährstoffe und chemische Verbindungen zu entfernen oder bis zu einem zulässigen Grenzwert zu reduzieren. Die Ablaufwerte definieren dabei, welche Konzentration an Schadstoffen nach der Endbehandlung noch zulässig ist. Diese Werte sind abhängig von der Art der Industrie, den verwendeten Chemikalien, den lokalen gesetzlichen Bestimmungen und der Empfindlichkeit des aufnehmenden Gewässers.

Typische Parameter von Ablaufwerten

Ablaufwerte werden durch verschiedene Parameter beschrieben, die die Belastung des Abwassers mit Schadstoffen und dessen Umweltwirkung quantifizieren. Zu den wichtigsten Parametern zählen:

  1. Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB5):
    Der BSB5 misst die Menge an Sauerstoff, die Mikroorganismen in einem Zeitraum von fünf Tagen benötigen, um organische Stoffe im Abwasser abzubauen. Ein niedriger BSB5-Wert zeigt, dass das Abwasser gut gereinigt wurde und wenig organische Verunreinigungen enthält.

  2. Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB):
    Der CSB gibt die Menge an Sauerstoff an, die chemisch benötigt wird, um alle im Abwasser vorhandenen organischen Verbindungen zu oxidieren. Der CSB-Wert zeigt die Gesamtmenge an oxidierbaren Stoffen im Abwasser an, einschließlich schwer abbaubarer organischer Substanzen.

  3. Schwebstoffe (TSS):
    Der Gehalt an Schwebstoffen (Total Suspended Solids, TSS) beschreibt die Menge an Partikeln, die im Abwasser ungelöst sind und durch Filtration oder Sedimentation entfernt werden müssen. Diese Partikel können organischer oder anorganischer Natur sein und sind ein kritischer Parameter, da sie die Trübung und die Schädigung von Wasserorganismen verursachen können.

  4. Stickstoff- und Phosphorverbindungen:
    Ammonium (NH₄⁺), Nitrat (NO₃⁻) und Phosphat (PO₄³⁻) sind wichtige Parameter, da diese Nährstoffe in hohen Konzentrationen zu Eutrophierung in Gewässern führen können. Eine unzureichende Entfernung dieser Stoffe aus dem Abwasser kann zu übermäßigem Algenwachstum führen, was den Sauerstoffgehalt im Wasser reduziert und das ökologische Gleichgewicht stört.

  5. Schwermetalle:
    Schwermetalle wie Blei (Pb), Cadmium (Cd), Quecksilber (Hg) oder Zink (Zn) dürfen nur in sehr geringen Konzentrationen im Ablauf enthalten sein, da sie toxisch für aquatische Lebewesen und Menschen sind. Industrielle Abwässer aus Metallverarbeitung oder Galvanik enthalten häufig Schwermetalle, die durch chemische Fällung oder Filtration entfernt werden müssen.

  6. pH-Wert:
    Der pH-Wert des Ablaufwassers muss innerhalb eines bestimmten Bereichs liegen, typischerweise zwischen 6,5 und 9,0, um sicherzustellen, dass das Wasser keine schädliche Wirkung auf die Flora und Fauna des Gewässers hat, in das es eingeleitet wird. Extrem saure oder alkalische Abwässer müssen vor der Einleitung durch Neutralisationsverfahren angepasst werden.

  7. Organische Verbindungen (z.B. Kohlenwasserstoffe, Tenside):
    In Abwässern aus der chemischen oder petrochemischen Industrie sind häufig schwer abbaubare organische Verbindungen enthalten, die toxische Wirkungen haben können. Diese Stoffe werden in Ablaufwerten geregelt, um die Belastung der Umwelt zu minimieren. Methoden wie Aktivkohlefiltration (z.B. ALMA FIL AK) oder chemische Oxidation werden eingesetzt, um solche Stoffe zu entfernen.

Bedeutung der Ablaufwerte für die Auslegung von Abwasserbehandlungsanlagen

Die Einhaltung der Ablaufwerte ist eine zentrale Herausforderung bei der Planung und Auslegung von Abwasserbehandlungsanlagen. Die Art und Komplexität der Abwasserbehandlung hängt stark von den erforderlichen Ablaufwerten ab. Dies beeinflusst mehrere Faktoren:

  1. Anlagendesign:
    Die festgelegten Ablaufwerte bestimmen, welche technischen Prozesse und Behandlungsschritte in der Anlage integriert werden müssen. Beispielsweise erfordert die Reduktion von Stickstoff und Phosphor die Implementierung von biologischen Denitrifikations- und Fällungsverfahren, während Schwermetalle durch chemische Fällung  und Filtration entfernt werden müssen.

  2. Reinigungsstufen:
    In vielen Fällen sind mehrere Stufen der Reinigung erforderlich, um die Ablaufwerte zu erreichen. Typische Anlagen verwenden eine Kombination aus mechanischer Vorreinigung, biologischer Behandlung, chemisch-physikalischer Reinigung und Tertiärbehandlung (z.B. Filtration oder Aktivkohle). Anlagen, die strenge Ablaufwerte erfüllen müssen, sind oft mit fortgeschrittenen Behandlungsverfahren wie der Membranfiltration (z.B. ALMA MEM MF/UF) oder der Ozonierung ausgestattet.

  3. Überwachung und Automatisierung:
    Um sicherzustellen, dass die Ablaufwerte kontinuierlich eingehalten werden, sind Überwachungssysteme und automatische Regelungstechniken erforderlich. Sensoren überwachen den pH-Wert, die Trübung, den CSB und andere Parameter in Echtzeit und steuern die Dosierung von Chemikalien oder die Anpassung von Prozessen wie der Belüftung in Belebungsbecken. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.

  4. Anpassung an Schwankungen:
    In der Praxis können die Abwasserströme und deren Zusammensetzung stark schwanken. Anlagen müssen daher flexibel ausgelegt sein, um auch bei Spitzenbelastungen oder variierenden Abwasserströmen die Ablaufwerte einzuhalten. Hierfür werden Pufferbecken, Zwischenspeicherung und dynamische Prozessanpassungen verwendet.

Praxisbeispiele

1. Lebensmittelindustrie

In der Lebensmittelindustrie entstehen Abwässer, die hohe Konzentrationen an organischen Stoffen und Nährstoffen enthalten. Typische Ablaufwerte betreffen den BSB5, CSB und die Konzentration an Stickstoff- und Phosphorverbindungen. Die Anlagen müssen so ausgelegt sein, dass sie diese Nährstoffe und organischen Verbindungen effizient reduzieren, um die Gewässerbelastung zu minimieren.

Anaerobe Behandlung von Abwasser aus der Zuckerherstellung

Foto: Biogasanlage für Abwasser aus der Zuckerherstellung mit Nachbehandlung (ALMA BHU GMR)

2. Metallverarbeitende Industrie

Abwässer aus der Metallverarbeitung enthalten oft Schwermetalle wie Kupfer oder Zink. Die Einhaltung der Ablaufwerte für Schwermetalle erfordert spezielle chemische Fällungs- und Flockungsverfahren, um sicherzustellen, dass die toxischen Metalle auf ein unschädliches Niveau gesenkt werden.

Chemisch-Physikalische Anlage für die Industrieabwasserbehandlung.

Foto: Fällungs- und Flockungsanlage zur Entfernung von Schwermetallen aus Abwässern aus der Herstellung von Metallfunktionswerkstoffen (ALMA CHEM MCW)

3. Kommunale Kläranlagen

In kommunalen Kläranlagen liegt der Fokus auf der Reduktion von organischen Stoffen, Nährstoffen und Schwebstoffen. Die Einhaltung der Ablaufwerte für den BSB5 und den CSB ist entscheidend, um die Anforderungen der Abwasserverordnung zu erfüllen und das behandelte Wasser umweltgerecht einzuleiten.

Fazit

Ablaufwerte sind entscheidende Parameter in der industriellen Abwasserbehandlung, die die Qualität des behandelten Abwassers definieren und sicherstellen, dass keine schädlichen Stoffe in die Umwelt gelangen. Die Einhaltung dieser Werte bestimmt die Komplexität und Auslegung der Abwasserbehandlungsanlagen. Durch die Implementierung mehrstufiger Reinigungsprozesse, Überwachungssysteme und fortschrittlicher Technologien wird gewährleistet, dass Abwasser aufbereitet wird, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und die Umwelt zu schützen.