Die Ammoniakstrippung ist ein physikalisch-chemisches Verfahren zur Entfernung von Ammonium (NH₄⁺) bzw. Ammoniak (NH₃) aus Abwässern. Dieses Verfahren wird in der industriellen Abwasserbehandlung häufig eingesetzt, um hohe Stickstoffkonzentrationen zu reduzieren und so die gesetzlichen Grenzwerte für die Einleitung von Abwasser in Gewässer einzuhalten. Der Prozess basiert darauf, das im Abwasser gelöste Ammonium in gasförmiges Ammoniak umzuwandeln und anschließend aus dem Wasserstrom auszutreiben.
Inhaltsverzeichnis
Technische Hintergründe
In wässrigen Lösungen liegt Stickstoff als Ammonium-Ion (NH₄⁺) oder als Ammoniak (NH₃) vor, abhängig vom pH-Wert und der Temperatur des Wassers. Bei niedrigem pH-Wert liegt Stickstoff vorwiegend als Ammonium-Ion vor, das im Wasser gelöst bleibt. Steigt der pH-Wert an, verschiebt sich das Gleichgewicht zugunsten des Ammoniaks, der als Gas aus der Lösung entfernt werden kann. Die Ammoniakstrippung macht sich diesen chemischen Zusammenhang zunutze, um den Stickstoff in Form von gasförmigem Ammoniak aus dem Wasser zu entfernen.
Die Strippung erfolgt in mehreren Schritten:
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pH-Anpassung: Um den Ammonium-Ionenanteil in gasförmiges Ammoniak zu überführen, wird der pH-Wert des Abwassers auf etwa 10 bis 11 erhöht, in der Regel durch Zugabe von Laugen (z. B. Natriumhydroxid oder Calciumhydroxid). In diesem stark alkalischen Bereich liegt der Stickstoff größtenteils als Ammoniak vor.
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Erwärmung: Oft wird das Abwasser zusätzlich auf eine Temperatur von 25-50°C erhitzt, um die Löslichkeit von Ammoniak im Wasser zu verringern und die Effizienz der Strippung zu erhöhen.
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Gas-Austreibung (Strippung): Das behandelte Abwasser wird in einem Strippungsturm oder einem Gaswäscher mit Luft durchströmt. Hierbei wird Luft (oder manchmal Dampf) durch das Wasser geblasen, was das Ammoniak in die Gasphase überführt. Diese Gasblasen transportieren das Ammoniak aus der wässrigen Phase heraus.
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Ammoniakwäsche: Das ausgetriebene Ammoniak wird im Abgasstrom aufgefangen und in einem nachgeschalteten Gaswäscher neutralisiert. Hierzu wird das Ammoniak häufig in einer Säurelösung (z. B. Schwefelsäure) absorbiert und in Form von Ammoniumsulfat gebunden, das als Dünger weiterverwendet werden kann.
Vorteile der Ammoniakstrippung
- Hohe Effizienz: Die Ammoniakstrippung kann große Mengen an Ammonium aus dem Abwasser entfernen, insbesondere bei Abwässern mit hohen Stickstoffkonzentrationen.
- Wiederverwertung von Ammoniak: Das ausgetriebene Ammoniak kann in einem nachgeschalteten Prozess, wie der Ammoniakwäsche, gebunden und als Ammoniumsulfat weiterverwendet werden, beispielsweise als Dünger in der Landwirtschaft.
- Vermeidung von Stickstoffeinträgen: Die Reduktion des Stickstoffs im Abwasser trägt zur Verringerung der Eutrophierung von Gewässern bei und hilft, gesetzliche Grenzwerte einzuhalten.
Herausforderungen und Nachteile
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Hoher pH-Wert und Chemikalienverbrauch: Für die Umwandlung von Ammonium zu Ammoniak sind große Mengen an Laugen notwendig, um den pH-Wert des Abwassers anzuheben. Dies kann zu erhöhten Betriebskosten führen und erfordert eine anschließende Neutralisation des Abwassers.
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Energieaufwand: Da das Abwasser oft erhitzt werden muss, ist die Ammoniakstrippung relativ energieintensiv, insbesondere bei sehr großen Abwassermengen.
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Abgasbehandlung: Das ausgetriebene Ammoniak muss in der Gasphase aufgefangen und behandelt werden, was eine zusätzliche Anlagentechnik erfordert, um die Freisetzung von Ammoniak in die Atmosphäre zu verhindern.
Fazit
Die Ammoniakstrippung ist eine bewährte Methode zur effizienten Entfernung von Ammonium und Stickstoff aus industriellem Abwasser, besonders in stark stickstoffbelasteten Abwässern. Durch die Umwandlung von Ammonium in gasförmiges Ammoniak und die anschließende Austreibung lassen sich Stickstoffbelastungen effektiv reduzieren. Der Prozess erfordert jedoch eine sorgfältige pH-Anpassung, einen hohen Energieeinsatz und eine umfassende Abgasbehandlung, um die Vorteile der Ammoniakstrippung voll auszuschöpfen.