Der Zahn-Wellens-Test, benannt nach den Wissenschaftlern Hans Zahn und Carl Wellens, ist ein etabliertes Verfahren zur Bewertung der biologischen Abbaubarkeit von organischen Stoffen in der Abwasserbehandlung. Insbesondere in der industriellen Wasser- und Abwassertechnik wird dieser Test eingesetzt, um die biologische Abbaubarkeit von Chemikalien, Prozessabwässern oder organischen Rückständen zu prüfen und deren Einfluss auf biologische Reaktoren zu bewerten.
Die Ergebnisse des Zahn-Wellens-Tests liefern wichtige Hinweise für die Auswahl und Optimierung von Behandlungsverfahren, insbesondere in biologischen Klärprozessen wie dem Belebtschlammverfahren oder Sequencing Batch Reaktoren (SBR). Der Test wird nach der Norm OECD 302 B standardisiert durchgeführt.
Inhaltsverzeichnis
Zweck des Zahn-Wellens-Tests
Der Zahn-Wellens-Test dient primär zur Bewertung der biologischen Abbaubarkeit schwer abbaubarer oder persistenter organischer Verbindungen.
- Primärabbau: Prüfung, ob die Substanzen durch Mikroorganismen strukturell verändert oder abgebaut werden.
- Mineralisierung: Bestimmung, ob die Substanzen vollständig zu Kohlendioxid (CO₂) und Wasser (H₂O) abgebaut werden.
- Hemmungspotenzial: Beurteilung, ob die untersuchten Substanzen eine hemmende Wirkung auf die biologische Aktivität haben, z. B. durch Toxizität.
Der Test liefert quantitative Daten über den biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB) und die organische Restbelastung, die Rückschlüsse auf die Eignung biologischer Behandlungsverfahren ermöglichen.
Testprinzip
Im Zahn-Wellens-Test wird eine Abwasserprobe oder ein organischer Stoff in einem Laborreaktor unter definierten Bedingungen mit einer belebten Schlammkultur versetzt. Über einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen wird die Abbaurate des organischen Materials durch Messung des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) oder des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC, Dissolved Organic Carbon) ermittelt.
Ablauf des Tests
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Ansetzen der Reaktormischung:
- Abwasser- oder Substanzprobe wird mit einer Nährstofflösung (enthält Stickstoff und Phosphor) und einer aktiven Belebtschlammkultur in einem Reaktor kombiniert.
- Initiale DOC- oder CSB-Konzentrationen werden gemessen.
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Aerobe Bedingungen:
- Der Reaktor wird kontinuierlich belüftet, um einen aeroben Stoffwechsel der Mikroorganismen zu gewährleisten.
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Probenahme:
- In regelmäßigen Zeitabständen werden Proben entnommen, gefiltert und auf DOC oder CSB analysiert.
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Datenanalyse:
- Die Abnahme der DOC- oder CSB-Werte wird über die Zeit dokumentiert. Eine Abnahme um 70 % oder mehr gilt als Hinweis auf eine einfache biologische Abbaubarkeit.
Foto: Unser anaerober Biogasreaktor ALMA BHU GMR: Die Dimensionierung und Auslegung des Reaktors erfolgen auf Basis der Zulauffracht, um eine optimale Biogasproduktion und Prozessstabilität zu gewährleisten.
Technische Parameter und Bedingungen
- Substratkonzentration: DOC-Konzentration typischerweise zwischen 10–40 mg/L.
- Reaktortemperatur: Konstant zwischen 20–25 °C gehalten, um optimale Bedingungen für die biologische Aktivität zu gewährleisten.
- Schlammkonzentration: Belebtschlammkonzentration im Bereich von 1–4 g Trockensubstanz/L.
- Belüftung: Sauerstoffsättigung im Reaktor wird durch kontinuierliche Belüftung aufrechterhalten.
Bewertung der Testergebnisse
Die Testergebnisse werden als prozentuale Abnahme von DOC oder CSB angegeben und in folgende Kategorien eingeordnet:
- Leicht biologisch abbaubar: > 70 % Abnahme innerhalb von 28 Tagen.
- Teilweise abbaubar: 20–70 % Abnahme.
- Schwer abbaubar/persistent: < 20 % Abnahme.
Zusätzlich wird geprüft, ob Hemmwirkungen auf die belebte Schlammkultur auftreten, z. B. durch eine stagnierende Abnahme der Abbauparameter.
Anwendungen in der industriellen Wasser- und Abwassertechnik
1. Bewertung neuer Chemikalien
Vor der Einführung neuer Prozesschemikalien oder Reinigungsmittel in den Betrieb wird deren biologische Abbaubarkeit mithilfe des Zahn-Wellens-Tests bewertet.
- Industriebranchen: Chemieindustrie, Lebensmittelindustrie, Pharmaindustrie.
- Ziel: Sicherstellen, dass neue Substanzen keine negativen Auswirkungen auf biologische Kläranlagen haben.
2. Überprüfung industrieller Abwässer
Industrieabwässer enthalten oft schwer abbaubare organische Stoffe, die den Betrieb biologischer Reaktoren beeinträchtigen können. Der Zahn-Wellens-Test hilft bei der:
- Identifikation toxischer oder inhibitorischer Stoffe, die die Aktivität der Mikroorganismen hemmen.
- Planung von Vorbehandlungen, wie chemischer Oxidation oder Adsorption, um persistente Verbindungen zu entfernen.
Foto: Unsere Biofiltration ALMA BioFil Compact zur Behandlung von Abwässern mit organischen Restbelastungen
3. Optimierung biologischer Behandlungsverfahren
Die Testergebnisse geben Aufschluss darüber, ob eine Substanz:
- Direkt biologisch abgebaut werden kann.
- Zusätzliche Prozessschritte wie eine Biofiltration oder Anaerobebehandlung erfordert.
Grenzen und Herausforderungen
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Reproduzierbarkeit:
- Ergebnisse können durch die spezifische Zusammensetzung des Belebtschlamms oder Schwankungen der Testbedingungen variieren.
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Schwer abbaubare Verbindungen:
- Manche organischen Stoffe sind biologisch nicht abbaubar und erfordern alternative Verfahren wie UV-Oxidation oder Fällung & Flockung.
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Einfluss toxischer Substanzen:
- Stark toxische Stoffe können den Abbauprozess hemmen, wodurch die Ergebnisse verfälscht werden.
Praktische Relevanz und Vorteile
- Regulatorische Anforderungen: Der Zahn-Wellens-Test erfüllt internationale Standards (z. B. OECD 302 B) und wird häufig in Genehmigungsverfahren gefordert.
- Kosteneffizienz: Die Bewertung der Abbaubarkeit kann helfen, kostspielige Probleme in biologischen Kläranlagen frühzeitig zu vermeiden.
- Prozesssicherheit: Der Test liefert wertvolle Daten für die Betriebsführung und ermöglicht eine gezielte Optimierung von Behandlungsverfahren.
Fazit
Der Zahn-Wellens-Test ist ein unverzichtbares Werkzeug in der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung. Er ermöglicht eine fundierte Bewertung der biologischen Abbaubarkeit organischer Stoffe und liefert essenzielle Daten für die Auswahl, Planung und Optimierung von Behandlungsverfahren.
In Kombination mit anderen Analysen wie der chemischen Charakterisierung oder Toxizitätstests hilft der Zahn-Wellens-Test dabei, die Prozessstabilität in biologischen Anlagen sicherzustellen und umweltgerechte Lösungen für die Behandlung von Abwässern zu entwickeln.
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